Die Fichte in Thüringen ist längst nicht verloren

Thüringens häufigster Nadelbaum gilt als Verlierer im Klimawandel. Und trotzdem wird sie auch künftig das Bild des „Grünen Herzens“ prägen – wenn auch auf die Höhenlagen begrenzt

Kaum eine heimische Baumart wird (nicht nur) in Thüringen derart gesegnet und gleichzeitig verunglimpft wie die Fichte. Für die einen ist sie der Inbegriff von Reinkultur, industrieller Forstwirtschaft und profitorientierte Urproduktion. Für die anderen ist sie eine extrem vielseitige Nadelbaumart, die nicht nur dem Zimmermann das robuste Konstruktionsholz für den Dachstuhl liefert, sondern auch dem Geigenbauer das feine Klangholz für den Korpus seiner fragilen Werke. Und spätestens zum ersten Advent steht eine Fichte als stolzer Weihnachtsbaum nicht nur in vielen heimischen Wohnzimmern, sondern auch vor dem Brandenburger Tor. Der dominierende Anteil von ehemals fast 40 % an Thüringens Baumartenausstattung verhindert nicht die widersprüchliche öffentliche Wahrnehmung. Und ist diese Bürde nicht schon groß genug: Die Dürrejahre ab 2018 haben die Fichte erneut zum „Problembaum“ gemacht. Durch jahrelange Trockenheit geschwächt, hat der Fichtenborkenkäfer als Folgeschädling in einer Intensität zugeschlagen, die inzwischen historische Ausmaße angenommen hat.


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Klimawandel: Die Fichte wird es in Thüringen zunehmend schwer haben

„Klimawandelbedingt zunehmend setzen insbesondere trockene und heiße Sommer der Fichte als Flachwurzler, der kaum tieferliegende Wasserschichten im Boden erreichen kann, kräftig zu. Tatsache ist aber auch, dass der über 200 Jahre favorisierte Anbau der Fichte weit über ihr natürliches Verbreitungsgebiet hinaus, oft als Reinbestand, zu den aktuell erschreckenden Waldbildern beigetragen hat“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Zwar umfasst das natürliche Verbreitungsgebiet der Fichte Tief- und Bergland- sowie Alpinvorkommen, aber alle Standorte prägen ein kühles Klima und viele Niederschläge. Der Anbau der Fichte in Thüringen wurde in der Vergangenheit weit über diese natürlichen Grenzen hinaus ausgedehnt. Zu groß war die Verlockung, mit der schnellwachsenden Fichte die gesellschaftliche Nachfrage nach deren „genialem Universalholz“ zu befriedigen. Und nicht nur das: Nach dem 2. Weltkrieg mussten enorme Reparationshiebe geleistet werden. Die dadurch entstandenen riesigen Kahlflächen wurden in den kargen Nachkriegsjahren mit der einfach verfügbaren, leicht pflanzbaren und freiflächengeeigneten Fichte aufgeforstet.

Ein „Aus“ der Fichte in Thüringen ist gleichwohl nicht in Sicht

Die Fichte wird -eine moderate Klimaerwärmung bis Ende dieses Jahrhunderts vorausgesetzt- auch künftig in Thüringen ein wichtiger Teil der Waldausstattung bleiben, wo kühles Klima und viel Niederschläge zu finden sind. Die Hoch- und Kammlagen des Thüringer Waldes bieten dieses Klima. Dort kann die Fichte von Waldbesitzenden wie Forstleuten weiterhin angebaut werden. Klimawandelbedingt als Mischwald, etwa mit Buche, Weißtanne, Bergahorn oder Vogelbeere. Denn Mischwälder bieten eine Struktur, die als klimastabil eingeschätzt wird. Insofern wird die Fichte, die übrigens häufig in Naturverjüngungen vorzufinden ist, auch künftig, zunehmend gemischt mit anderen Baumarten, das Bild der bewaldeten Höhenzüge entlang des Rennsteigs prägen. Ihr derzeit hoher Anteil an der Baumartenausstattung im Freistaat hat sie und wird sie zwangsläufig die nächsten Jahrzehnte einbüßen, denn Käfer, Sturm und Dürre sorgen dafür, dass die Fichte Risikobaumart bleibt. Für Waldbesitzende bedeutet dies, bei der künftigen Fichtenbewirtschaftung die sorgsame Anpassung an diese Risiken im Auge zu behalten.


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Text, Foto: ThüringenForst