Wer ist zuständig, wenn es Ärger mit einer online gebuchten Ferienwohnung in einem anderen EU-Land gibt?
Ferienwohnungen gehören zu den beliebtesten Unterkunftsarten in Europa. Besonders gefragt sind Ziele in Spanien, Italien, Griechenland und Dänemark. Doch was passiert, wenn während der Buchung oder vor Ort Probleme auftreten – sei es aufgrund von Schimmel, einer doppelten Abbuchung oder sogar einer Betrugsmasche? Wer ist in solchen Fällen der richtige Ansprechpartner?
Wir haben mit Pauline Stabenow, Juristin am Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ), gesprochen, die uns einen umfassenden Überblick gibt.
Hallo Frau Stabenow. Wer ist der richtige Ansprechpartner, wenn es Probleme mit der Ferienwohnung in einem anderen EU-Land gibt? Zum Beispiel mit Schimmel, Schmutz oder Bettwanzen.
- „Der erste Ansprechpartner ist immer der Vermieter. Er ist dafür verantwortlich, dass die Wohnung in einem ordentlichen Zustand ist – und muss sich auch um Mängel kümmern. Schreiben Sie dem Vermieter sofort eine Nachricht – am besten mit Empfangsbestätigung, um einen Nachweis zu haben.
Es ist aber nicht immer einfach, den Vermieter ausfindig zu machen, besonders wenn es sich um eine Privatperson handelt. Denn auf der Internetseite mancher Buchungsportale fehlen bei Privatpersonen häufig die Kontaktdaten des Vermieters, obwohl diese eigentlich genannt werden müssten.“
Und dann?
- „Dann nehmen Sie mit dem Buchungsportal Kontakt auf. Wenn auch das nichts bringt, können Sie sich an uns, das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland, wenden. In den meisten Fällen können wir die Kontaktdaten für Sie beschaffen.“
Was mache ich, wenn der Vermieter vor Ort nichts unternimmt? Kann ich dann mein Geld zurückverlangen?
- „Vor Ort sollte der Vermieter versuchen, den Mangel zu beseitigen. Das kann je nach Mangel durch eine Reinigung der Wohnung oder durch eine Alternativunterkunft erfolgen. Wenn er das nicht tut, kann man zumindest eine teilweise Erstattung verlangen. Wieviel man fordern kann, hängt jedoch stark vom Einzelfall ab. Man sollte unbedingt aussagekräftige Fotos von den Mängeln machen, damit man Nachweise hat. Kommt man mit dem Vermieter nicht weiter, können wir vom Europäischen Verbraucherzentrum versuchen zu helfen.“
Wie erfolgreich ist das?
- „In vielen Fällen gelingt es uns, zumindest eine teilweise Erstattung zu erreichen.“
Bekomme ich nicht mein ganzes Geld zurück?

- „Häufig nicht. Wenn die Urlauber mit dem Kundenservice der Plattform telefonieren, ist oft nur ganz generell von einer Erstattung die Rede. Viele denken dann, es sei der volle Betrag gemeint. Aber in Wirklichkeit sind es oft nur Teilbeträge. Mein Tipp: Lassen Sie sich alles, was am Telefon besprochen wurde, schriftlich bestätigen, oder machen Sie die Reklamation am besten gleich schriftlich, zum Beispiel per Mail.“
Wie sieht es denn mit der Verantwortung des Buchungsportals aus? Schließlich buche ich ja über die Plattform.
- „Manche Plattformen helfen zum Beispiel, wenn die Unterkunft Sicherheitsmängel hat oder nicht verfügbar ist. Aber: Es gibt keine klare gesetzliche Regelung, die Portale zur Hilfe verpflichtet.
Das Buchungsportal ist in erster Linie für technische Abläufe verantwortlich – also, zum Beispiel wenn es beim Bezahlen zu Problemen kommt oder es eine doppelte Abbuchung gibt. Was die Unterkunft selbst betrifft, sehen sich die Plattformen meist nur als Vermittler. Das führt oft zu Missverständnissen, denn viele Urlauber denken: ‚Ich habe doch hier gebucht, also muss das Portal auch helfen.‘
Dennoch gilt: Wenden Sie sich im Zweifel immer sowohl an den Vermieter als auch ans Portal.“
Was soll ich tun, wenn ich ankomme – und die Wohnung gibt’s gar nicht?
- „Dann sofort das Portal schriftlich kontaktieren und um eine Ersatzunterkunft bitten. Manche Portale helfen direkt. Manche sagen: Buchen Sie selbst. Wichtig ist: Wenn Sie selbst eine neue Unterkunft buchen wollen, lassen Sie sich vorher schriftlich bestätigen, dass das in Ordnung ist. Sonst kann es sein, dass Sie auf den Kosten für die neue Wohnung sitzen bleiben.
Wenn man allerdings abends ankommt und erst dann merkt, dass die Wohnung nicht existiert, muss man schnell etwas anderes finden. Da reicht die Zeit natürlich nicht, erst auf eine schriftliche Antwort zu warten und man muss es telefonisch versuchen. Auch da sollte man aber versuchen, hinterher noch eine schriftliche Bestätigung der Absprache zu bekommen.“
Ein anderes Thema. Immer wieder hört man von Betrugsmaschen, besonders im Chat über die Buchungsportale. Was genau passiert da – und worauf sollten Reisende achten?
- „Das ist tatsächlich ein Problem. In vielen Fällen stehlen Betrüger die Identität des echten Vermieters und schreiben dann die Urlauber an. Sie behaupten, man müsse zur Bestätigung der Buchung noch einmal die Kreditkarten-Daten über einen speziellen Link verifizieren. Wer den anklickt, gibt seine Kreditkartendaten preis und riskiert, dass das Konto abgeräumt wird.
Eine weitere gängige Masche ist, dass die Betrüger behaupten, eine bereits geleistete Zahlung sei nicht angekommen. Sie fordern die Urlauber auf, den Betrag noch einmal zu überweisen – natürlich direkt auf ein fremdes Konto.“
Was raten Sie Reisenden, die eine solche Nachricht erhalten?
- „Zahlen Sie erst einmal nicht. Und versuchen Sie außerhalb des Chats mit der Unterkunft Kontakt aufzunehmen. Fragen Sie nach, ob das so in Ordnung ist.
Wichtig ist auch: Nicht jede Nachricht übers Portal ist gleich ein Betrugsversuch. In manchen Ländern ist es tatsächlich ganz normal, dass man vor der Anreise eine Kopie vom Ausweis hochladen muss – das hat dann oft rechtliche Gründe. Mein Tipp: Wenn Sie unsicher sind, schauen Sie nach, was vor Ort üblich oder gesetzlich vorgeschrieben ist.“
Und was ist mit extrem günstigen Angeboten? Kann ich auf den Preis bestehen, auch wenn der Vermieter später sagt, das war ein Fehler?
- „Nein. Vermieter haben das Recht, einen Preis anzufechten, wenn er ganz offensichtlich falsch war. Also, wenn zum Beispiel mitten in der Hochsaison in Nizza eine Ferienwohnung für 20 Euro die Nacht angeboten wird – dann kann man sich ziemlich sicher sein, dass da was nicht stimmt. Was zu schön klingt, um wahr zu sein, ist es meistens auch nicht.
Mein Tipp: Bei solchen supergünstigen Angeboten sollten Sie unbedingt ähnliche Unterkünfte zu ähnlichen Konditionen im gleichen Reisezeitraum vergleichen. So können Sie besser abschätzen, ob es sich um einen Preisfehler handelt, oder ob es einfach der ortsübliche Preis in der Saison ist. Wenn der Verdacht besteht, dass es ein Preisfehler sein könnte, kann man natürlich trotzdem buchen. Allerdings besteht dann immer das Risiko, dass der Anbieter anficht. Wenn man für diesen Fall keinen Plan B hat, könnte es teurer werden. Darauf muss man dann aber gefasst sein.“
Das sind viele interessante Informationen. Haben Sie abschließend noch ein paar praktische Tipps für unsere Leser?
- „Gerne. Also, ganz wichtig: Schauen Sie sich vor der Buchung die Bewertungen an – und zwar nicht nur die positiven, sondern auch die negativen. Wenn eine Unterkunft regelmäßig über einen längeren Zeitraum gute Bewertungen bekommt, ist das ein gutes Zeichen. Wenn dagegen nur viele neue, positive Bewertungen auftauchen, sollte man vorsichtig sein. Diese könnten gefälscht sein. Sieht man sich auch die negativen Punkte anderer Reisender an, bekommt man ein Gefühl dafür, was einen vor Ort erwartet – und kann dann selbst entscheiden: Passt das wirklich zu mir? Möchte ich so meinen Urlaub verbringen? Nicht jeder Kritikpunkt ist für jeden gleich wichtig. Der eine schreibt, der Lärm durch die nahegelegenen Bars ist unerträglich. Der andere möchte das Nachtleben genießen. Dann stört ihn der Lärm auch nicht.
Dann noch ein Tipp: Wenn Ihnen eine Unterkunft gefällt, schauen Sie mal, ob Sie sie auch direkt beim Vermieter buchen können – also ohne das Portal. Oft ist das günstiger. Und wenn’s Probleme gibt, haben Sie dann auch nur einen Ansprechpartner.
Machen Sie Screenshots von der Beschreibung der Wohnung – also von dem, was im Angebot stand. Falls später etwas nicht so ist wie beschrieben, haben Sie einen Nachweis in der Hand.
Und wirklich wichtig: Wenn es Ärger gibt – egal ob mit dem Zustand der Unterkunft oder mit der Abwicklung – reklamieren Sie immer sowohl beim Vermieter als auch beim Buchungsportal. Dann sind Sie auf der sicheren Seite.“
Frau Stabenow, herzlichen Dank für das Gespräch und die vielen hilfreichen Tipps!
Text, Foto: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland Das Interview führte Ines Danzeisen, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland.