Von Waldbesuchern kaum wahrgenommen arbeiten Pilze und Baumwurzeln im Waldboden in einer faszinierenden Lebensgemeinschaft eng zusammen. Im Herbst werden ihre Fruchtkörper sichtbar. Diese kennt dagegen nahezu jeder
An den Wurzeln nahezu aller Laub- und Nadelbaumarten leben Pilze. Die sogenannte Mykorrhiza ist ein Pilzgeflecht, dass nicht nur die Baumwurzeln umhüllt, sondern ihr Fadenwerk tief in Waldboden ausbreitet. Mit dem pilzlichen Fadenwerk vergrößert sich die Wurzeloberfläche des Baumes um ein Vielfaches. Da der Pilz selbst keine Photosynthese leisten kann, erhält er von den Baumwurzeln lebenswichtige Zuckerverbindungen. Dafür gibt er dem Baum Wasser und Nährstoffe, die dieser in der Menge mit seinen Feinwurzeln sonst nicht nutzen könnte. Ein „Green Deal“ der anderen Art. Und das funktioniert schon seit Millionen Jahren. Und nicht nur bei Bäumen, sondern bei fast allen Pflanzen.
Existenzielle Win-Win-Situation
„Diese Lebensgemeinschaft zwischen Pflanzen und Pilzen ist enorm wichtig, da beide Partner ohne sie selbst nicht existieren könnten. Forscher gehen davon aus, dass sie vor Jahrmillionen sogar Voraussetzung war, dass Pflanzen sich auf dem Festland ausbreiten konnten“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Diese faszinierende Symbiose wurde vor 140 Jahren erstmals durch den deutschen Biologen Albert Bernhard Frank beschrieben. Sie ist deshalb so wichtig, weil damit die Bodenressource optimal genutzt werden kann. Heute schätzt man, dass 90 Prozent aller Pflanzenarten weltweit in solch einer Gemeinschaft leben. Mutmaßlich gibt es mindestens 8000 solche Mykorrhiza-Pilzarten. Sie leben unter der Erde und bilden im Herbst oberirdisch sichtbare Fruchtkörper aus. Es sind bisweilen jene, die wir als Speisepilze so sehr schätzen – so etwa der Steinpilz. Er gehört zu den Mykorrhizapilzen, die sowohl mit Nadel- wie auch Laubbäumen harmonieren und als Generalist gilt. Hierzulande ist er oft mit der Fichte vergesellschaftet. Aber nicht jeder Speisepilz ist ein Mykorrhizapilz. So gehört etwa der Champignon zu saproben Pilzen, die von totem organischen Material leben.
Jeder Baum hat Kontakt zu mehreren Mykorrhizapilzen
Jeder Baum ist mit bis zu 60 verschiedenen Mykorrhizapilzen verbunden. Umgekehrt kann ein Mykorrhizapilz mit mehreren Bäumen in Kontakt stehen. Dadurch entsteht ein großes Netzwerk im Waldboden, über das nachweislich Nähr- und Botenstoffe ausgetauscht werden können. Schon junge Baumsämlinge werden in dieses Netzwerk einbezogen. Und noch einen Vorteil hat diese Pilzgemeinschaft: Schweizer Forstforscher fanden heraus, dass das Wachstum des Baumes mit der Artenzusammensetzung ihrer Mykorrhiza-Pilzgemeinschaft in Zusammenhang steht. Bäume mit einer „idealen“ Pilzgemeinschaft wuchsen bis zu dreimal schneller als solche in „schlechten“ Gemeinschaften.
Text: Horst Sproßmann; Foto: ThüringenForst