Bahnfahren mit Behinderung: Barrieren und Lösungen in Europa

Für Menschen mit Behinderung ist das Bahnfahren in andere EU-Länder oft eine zusätzliche Herausforderung. Dürfen Begleitpersonen kostenlos mitfahren? Wann und wo muss der Hilfebedarf angemeldet werden? Gibt es die Möglichkeit, das Gepäck vorab zu versenden? Wo finde ich Infos darüber, ob der Bahnhof in einem anderen EU-Land barrierefrei ist? Fragen über Fragen. Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland bietet auf zwei neuen Webseiten umfassende Informationen.

Die aktuelle Situation

Martina M. ist auf den Rollstuhl angewiesen und möchte von Hamburg nach Bukarest reisen und wie aus Deutschland gewohnt, ihre Begleitperson kostenlos mitnehmen. Doch das geht leider nicht. Diesen Vorteil können in Rumänien nämlich nur blinde Menschen nutzen. Wieso funktioniert das in Deutschland, in anderen EU-Ländern aber nicht? – Solche unterschiedlichen nationalen Regelungen können das Reisen in ein anderes EU-Land erschweren.

Unterschiedliche Regelungen: Begleitpersonen – kostenlos oder nicht?

Die Antwort: Es kommt darauf an. Denn die Regeln unterscheiden sich, wie bereits erwähnt, von Land zu Land. So müssen in Schweden Begleitpersonen immer für ihr Ticket bezahlen. Anders in Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Polen, Rumänien, Slowenien, Spanien und Frankreich. Hier dürfen Begleitpersonen blinder Fahrgäste kostenlos mitreisen. In Belgien, Deutschland, Dänemark, Österreich, den Niederlanden, der Schweiz, der Slowakei und der Tschechischen Republik erkennen die Bahngesellschaften alle Einschränkungen an, sodass auch Rollstuhlfahrende ihre Begleitperson kostenlos mitnehmen dürfen.

Voraussetzung: Die Person mit Behinderung muss einen gültigen deutschen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „B“ besitzen und die Fahrkarte in Deutschland gekauft haben.

Doch was passiert, wenn ich in einem anderen EU-Land auf die nationale Bahn umsteigen möchte? Darf meine Begleitperson dann gratis mit? Auch das ist möglich – allerdings nur, wenn die Fahrkarte nicht bei der ausländischen Bahngesellschaft erworben wurde, sondern bei der deutschen.

Ausführliche Informationen zur Mitnahme von Begleitpersonen finden Sie auf unserer Internetseite „Mit dem Zug durch Europa – Bahnfahren mit dem deutschen Schwerbehindertenausweis“.

Hilfebedarf anmelden: Wo und wann?

Wird die Fahrkarte in Deutschland gekauft, kann der grenzüberschreitende Hilfebedarf bei der Mobilitätsservice-Zentrale der Deutschen Bahn AG angemeldet werden, die dann alle weiteren Schritte einleitet. Bei Fahrten innerhalb eines einzelnen EU-Landes ist die jeweilige nationale Service-Zentrale der richtige Ansprechpartner.

Bleibt die Frage, wie lange im Voraus der Hilfebedarf angemeldet werden muss. Laut Fahrgastrechteverordnung sind es 24 Stunden. Doch viele Bahngesellschaften haben auch verkürzte Fristen. So genügt es in Belgien an 41 Bahnhöfen, den Hilfebedarf bis zu 3 Stunden vor Abfahrt des Zuges anzumelden.

Die Kontaktmöglichkeiten sowie die Anmeldefristen aller europäischen Service-Zentralen finden Sie auf der Internetseite „Barrierefrei reisen durch Europa: Länderübersicht“.

Gepäckversand: Welche Länder bieten das an?

In Deutschland können Reisende ihr Gepäck beispielsweise mit dem DB Gepäckservice verschicken – für Menschen mit Behinderung sogar zu ermäßigten Preisen. Auch in Frankreich und der Schweiz gibt es einen Gepäckversand. Und von Österreich aus können Gepäckstücke mit dem Gepäckservice der ÖBB sogar nach Deutschland verbracht werden.

Anerkennung des deutschen Schwerbehindertenausweises: Gilt er europaweit?

Derzeit noch nicht. Dänemark ist eines der wenigen Länder, das den deutschen Schwerbehindertenausweis anerkennt. Es genügt, ihn während der Fahrt vorzuzeigen. Und er berechtigt zu einer Ermäßigung beim Fahrkartenkauf von 50 Prozent. Auch Österreich erkennt den Ausweis an, allerdings ohne Preisnachlass.

Doch es gibt Hoffnung: Ab Juni 2028 wird der Europäische Behindertenausweis eingeführt, der die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus ermöglicht. Dies bedeutet, dass Menschen mit Behinderung in der gesamten EU sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen die gleichen Sonderkonditionen und Vorzugsbehandlungen nutzen können, wie die Menschen, die in diesem Land leben.

Weitere Informationen zum Europäischen Behindertenausweis, wann er kommt, welche Vorteile er bringt, für welche Bereiche er gilt, finden Sie auf der Internetseite des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland.

Ausführliche Infos zum Thema Bahnreisen mit Behinderung

Text: Europäisches Verbraucherzentrum;
Foto: Bahnfahren ist für Menschen mit Behinderung eine zusätzliche Herausforderung. Quelle: AdobeStock